Mittwoch, 15. August 2012


Leseprobe aus der Antthologie: Verrat
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Auszug: Verrat


Sarah lief den Pfad hoch. Flüchtiges Halbdunkel lag über dem Plateau, von dem man auf die endlose See blicken konnte. Sarah setzte sich ins Gras, die Knie mit ihren Händen umschlungen. In der Ferne schien die Spitze des Leuchtturms an die Wolken zu stoßen. Leichter Salzgeruch lag in der Luft. Eine trügerische Idylle. Eilige Schritte waren zu hören. Rene, ihr Mann, kam auf sie zu.
„Mach dich nicht verrückt!“
Sarah sagte nichts. Ihr Blick glitt zum Horizont, der aussah wie eine in Stücke gerissene Wattedecke. Sie schlug die Hände vors Gesicht.
„Ist ja gut. Niemand ist dir böse. Deine Freundin hat das Problem gelöst. Die wenigsten haben mitbekommen, dass du vergessen hast, das Essen zu bestellen.“
Er räusperte sich, als müsse er seine Kehle freibekommen. „Willst du nicht zu einem Psychiater gehen?“
Eine Fliege hatte sich auf Sarahs Knie gesetzt. Sie ignorierte den Impuls, sie totzuschlagen. Zu einem Psychiater? Sie unterdrückte ein Stöhnen.
„Lass mich allein. Bitte“, sagte sie.
Zerfetzte Gedanken blinkten wie Leuchtfeuer in ihrem Kopf. Das goldene Armband – verschwunden. In ihrem Ferienhaus in Spanien wohnten Fremde, denen sie es angeblich vermietet hatte. Heute - ihre Geburtstagsparty. Der Partyservice hatte sich über den Auftrag gefreut. Sarah hatte noch die Stimme der jungen Frau im Ohr. Trotzdem war niemand gekommen. Heute Morgen in der Post dann dieser anonyme Brief. Jedes Wort hatte sich in ihrem Kopf eingeprägt: Arme Sarah. Wie schrecklich, zu erkennen, dass du langsam verrückt wirst. Dein Mann weiß es längst und hat nur noch Mitleid. Erlöse deine Freunde und dich selbst! Tote können nicht nerven. Jemand, der es gut mit dir meint.
Ihr Kopf schmerzte. Rene legte seine Hand unter Sarahs Kinn.
„Lass mich allein!“ Sarah schrie es.
Er ließ sie los und ging den Weg hinunter, ohne sich noch einmal umzusehen. Sie horchte seinen Schritten nach.
Vom Strand war Gelächter zu hören. Niemand schien die Gastgeberin zu vermissen. Sarah spürte Tränen aufsteigen.
Langsam stand sie auf und näherte sich zögernd der Absperrung des Plateaus. Sie hatte das Gefühl, als trage der Wind alle ihre Emotionen fort. Sarah ging den Pfad hinauf zum Haus. Ihre Gäste hatten sich unweit des Leuchtturms um ein Lagerfeuer versammelt. Mit bloßen Füßen ging sie über die Terrasse zum Wohnzimmer. Sie stockte, als sie die Stimmen aus dem Arbeitszimmer ihres Mannes hörte... 


1 Kommentar:

  1. sehr schön, macht neugierig auf mehr.
    Der Rest muss ich unbedingt lesen.

    schönen Abend

    Lilliann

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