Kriminalroman von Brigitte Tholen
Leseprobe:
Sie schob die Maske
über die Augen, um nicht erkannt zu werden, doch die Verkleidung bot ihr viel mehr als nur
Schutz. Wie immer, wenn sie hier wartete, spürte sie die Erregung, und sie
malte sich aus, wie der Unbekannte nach ihr greifen würde, ohne ein Wort zu
sagen. Gierig. Die Lust bohrte sich fast schmerzhaft zwischen ihre Schenkel. Wo
blieb er nur?
Die
Nacht hatte die Hitze des Tages aufgesogen. Bis auf den Sommermantel, Dessous
und Schuhen, trug sie nichts auf ihrer Haut.
Modriger
Geruch aus den Tiefen des Sumpfs stieg ihr in die Nase. Für sie war es der süße Duft der Erregung. Der
Kick, den sie brauchte. Das Gefühl zu leben, abzutauchen, kleine Tode zu
sterben.
Sie
horchte in die Dunkelheit. Donnergrollen in der Ferne, die ersten Blitze. Der
Boden unter den Schuhen federte und gab bei jedem Schritt nach. Außerhalb des
Weges konnte sie schemenhaft das
Binsenkraut und die hohen, speerförmigen Gräser und erkennen. Auf einem
Birkenstamm, der aussah wie ein hochgestreckter Arm, saß ein Steinadler.
Bewegungslos. Bevor ihr Blick weiterglitt, schlug er mit den Flügeln und
schwang sich in die Luft.
Er
schwebte genau über ihrem Kopf und stieß Warnrufe aus.
Zum
ersten Mal seit Beginn ihrer anonymen Treffen spürte sie ein Gefühl des
Unbehagens. Einen Druck auf ihrer Brust. Am liebsten wäre sie umgekehrt, aber
der Zwang der Lust war mächtiger.
Das dünne Licht des
Mondes erhellte die Moorlandschaft kaum. Sie hörte Schritte, zwischen den
Polstern der Binsen gluckerte, blubberte und gurgelte es.
Ein Mann kam näher. Der Wind bauschte
seinen dunklen Umhang auf. Von seinem Gesicht erkannte sie lediglich die
Kinnpartie, ein grobes, eckiges Kinn. Der Rest versteckte sich hinter der
Maske.
Sie
beschleunigte ihren Schritt, um vor ihm in der alten Mühle zu sein. Die
schwarzen High Heels sackten in den morastigen Boden. Noch einmal drehte sie
sich um, rutschte aus. Bevor sie fallen
konnte, war der Mann bei ihr. Arme hielten sie fest. Sie spürte seinen Atem,
roch Parfüm. Sinnlichkeit, der Duft von Spirit
of Stars. Wortlos glitt seine Hand unter ihren Mantel, spielte mit den
Brustwarzen. Sie keuchte, schob den Umhang auseinander, um seine Haut zu
spüren.
In ihrer
Erregtheit drohte sie, erneut im Morast auszurutschen, aber er hielt sie
sicher. Sie ergriff seinen Hintern, der sich hart und fest anfühlte, und begann,
mit den Lippen auf seinem Hals und seiner Brust zu spielen. Sie stöhnte laut, wollte nicht mehr warten.
Ungestüm
hob sie den Kopf, stieß dabei gegen seine Maske, die sich verschob. Das
Mondlicht beleuchtete sein Gesicht. Sie starrte ihn an und erkannte im gleichen
Augenblick, dass sie einen Fehler begangen hatte.
Sie können das eBook hier kaufen
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen